Es gibt Schlimmeres, als über das Okavango Delta fliegen zu dürfen und ein paar Tage später über den Trans Kalahari Highway zu rollen.
Rechts und links der Hauptstraße bieten die ‚Einzelhändler’ ihre Produkte an,
gebündeltes Feuerholz; aus Blechdosen gebastelte Wannen, Kisten, Glöckchen; ein im wahrsten Sinne buntes Treiben. Maun, die ‚Safari-Hauptstadt‘, liegt am Thamalakane Fluss, einem Abfluss des Okavango,
am Rande des Okavango Deltas. Genau deshalb haben wir lange überlegt, ob wir überhaupt hierher fahren wollen, denn durch die Sumpflandschaft, die langsam fließenden Gewässer und die ständig neu entstehenden kleinen Teiche und Wasserlöcher gibt es natürlich Moskitos – und umso erstaunter sind wir, dass fast kein gefährliches Gesumme zu hören ist. Auf die entsprechende Kleidung (s.o.) verzichten wir ab 16 Uhr allerdings deshalb nicht, wir wollen sogar noch einen Tag bleiben. Auf der Karte sehen wir, dass wir mit dem Auto ein paar Kilometer ins Delta eindringen können. Durch dichtes Gestrüpp und mitteltiefe Schlammlöcher versuchen wir, ein bisschen von der mystischen Okavango-
Delta-Atmosphäre aufzunehmen. Vorbei an kleinen Häuseransammlungen und
Transportern geraten wir immer tiefer in unüberschaubare sich ständig kreuzende Sandwege, sodass wir froh sind, uns mit Maps.ME, meiner absoluten LieblingsNavigationsApp, aus dem Gewirr zu manövrieren. Während wir uns wieder durch die Sträßchen von Maun schlängeln, lese ich von bezahlbaren Scenic Flights, zack, halten wir bei Mack Air, einem renommierten FlügeAnbieter. Nach ein paar Vergleichen mit anderen Gesellschaften buchen wir dort für 8 Uhr am nächsten Tag. So, geriffelt die Sache. Nachdem wir dann 3 unterschiedliche Camps zu erreichen versuchen, es wegen tiefster SchlammModderDrecksLöcher abbrechen (zum Glück, denn keiner möchte Schlamm schippen!), finden wir ein richtig schönes Plätzchen mit
ganztägigem Schatten am Fluss und mit grasendem Hippe. Wir sind sicher, hier bleiben zu wollen, an diesem Rinnsal nicht versickertem Wassers, gesäumt von Wasserlilien und Gräsern und Schilf und mitten drin emsige Wasservögel auf der Suche nach Nahrung. Wir setzen uns in das gemütliche Restaurant mit Blick auf den Fluss, werden von
keinem Moskito beachtet und genießen das Essen und das ganze Drumrum.
Da wir uns entschieden haben, das Auto hier stehen zu lassen, holt uns der TaxiMann um 6:45 Uhr ab, bringt uns zum ‚Flughafen‘, ja, da steht vorn Airport drauf! Dummerweise hat man uns nicht gesagt, dass wir auch für diesen Flug unsere Pässe brauchen, hamma nicht dabei, so bringt mich einer der Piloten mit dem Firmenwagen zum Camp, Pässe holen und zurück. Die kleine Cessna (?) steht bereit und nach den üblichen Hinweisen – die Notausgänge befinden sich… – knattert die kleene Kiste
übers Rollfeld und hebt schwer eiernd ab. Pilot Bobby deutet immer mal nach unten, Elefantenherde,
Hippos,
Büffel,
Giraffen, Gnus, Zebras und Antilopen grasen und wandern und schwimmen und saufen, was für ein Anblick. Und natürlich die Landschaft des Deltas selbst. Der Okavango
entspringt in Angola und wird vor allem vom Regen der Monate Dezember bis März
gespeist, und obwohl er im Verlauf der 6 Monate bis hierher ein breiter Strom wird, versickert er nach 1600 km im Sand der Kalahari in einem Fächer aus Kanälen, Teichen und Seen – einzigartig auf dieser Erde! Momentan stellt sich das Delta in Millionen unterschiedlichen Grüntönen dar, zu anderen Jahreszeiten ändert sich die Färbung in wohl ähnlich viele GelbBraunTöne. Während wir so dahinfliegen und in Luftlöcher geraten, mal links ne Kurve drehen, mal einen Kreis wackeln, verspüre ich irgendwann ein ungemütliches Grummeln im Bauch, erste Schweißtröpfchen bilden sich auf der
Stirn, die weiße Papiertüte vor mir hab‘ ich zur Sicherheit schon im Blick. Trotzdem ist es wunderbar, über die Flussläufe und Wasserstellen zu schauen, für eindeutige Bilder sind wir doch noch zu hoch. Heimlich schau ich auf die Uhr, 45 Minuten sind noch lange nicht um. Bobby gönnt uns was Gutes, nach 55 tollen Minuten setzt er behutsam auf der Bahn auf und freut sich, dass wir wirklich total begeistert von unsrem Rundflug sind. Derselbe Taxifahrer von heute Morgen bringt uns nach Hause, auf Kaffee verzichten wir zugunsten ruhigem AufDemStuhlSitzens und KlarKommens. Und, weil’s grad schee ist, verlängern wir den Aufenthalt um einen weiteren Tag.
Der heutige Tag beginnt mit einer neuen Herausforderung! Bevor wir aus dem Auto klettern, schmieren wir uns mit 60er Sonnencreme ein, die Sonneneinstrahlung ist ja nicht zu unterschätzen, so auch heute. Im Schatten sitzend, weil ja die Sonne schon brennt, überlegen wir, wie’s morgen weitergeht, ich facetime mit der kleinen Nichte, nix ist geplant, außer Zähneputzen und Duschen. Unsere sanitären Anlagen befinden sich unter freiem Himmel, mit eindeutigen Hinweisen: frei! oder besetzt!
Die angesprochene Herausforderung besteht nun darin, dass ich mich ja mit Sonnenschutz zugekleistert habe und duschen gehen möchte. In dieser Dusche!deutlich zu erkennen, unter blauem Himmel und in der Sonne. Ja, was nu? Erst Sonnenzeug abwaschen, einseifen, dann Sonnenzeug wieder drauf? Duschzeug auf Sonnenzeug? Wie soll ich sonnengeschützt duschen, ohne mir einen Sonnenbrand einzuhandeln? Ich renne also eingeseift von einer Ecke in die andere und versuche, zumindest das Gesicht aus der Sonne zu halten. Wie, bitteschön, soll das gehen, wenn diese Sonne genau senkrecht pfeilgrad über mir steht? Der Verzweiflung nahe verkürze ich das Procedere und stürze in den rettenden Schatten, um schnell und fett den verhassten Sonnenschutzkleister wieder aufzutragen. Wenn’s hilft. Wieder verbringen
wir einen traumhaften Abend am Flüsschen mit Wasserlilien neben anderen gefährlichen Bewohnern.
Nach Tanken und Einkaufen machen wir uns auf den Weg nach Ghanzi. Nach langen Überlegungen, Vielleicht doch durch die Central Kalahari zu fahren, entscheiden wir uns aus verschiedenen Gründen dagegen. Wir wissen, dass hunderte von Kilometern Sand-, Schlamm- und Felspiste vor uns läge und von mehreren Leuten haben wir gehört, dass das ohnehin dichte Buschwerk immer dichter wird und das Leihauto arg verkratzt, die Tiefsandpassagen bisweilen unüberschaubar sind, man zu einer Fahrt mit mindestens zwei Fahrzeugen rät und die Tankstellenversorgung sehr schlecht ist und für unseren Vorrat von nur 70 Litern ungeeignet ist. Vielleicht ist es übertrieben, aber wir fühlen uns wohler so. Die Straße ist einigermaßen eintönig, interessant sind die Hinweise auf Pfade
in den Busch, wo offenbar jemand wohnt! 300 gut zu bewältigende Kilometer später erreichen wir Ghanzi, was in der San-Sprache ein Musikinstrument bezeichnet. In der Landessprache Botswanas bedeutet es ‚Stadt der Fliegen’, wie wahr, wie wahr! Der diesem Ort zugeschriebene Wildwest-Charakter äußert sich in staubiger und atmosphärearmer Umgebung. Noch heute leben hier viele San, die einen schweren Stand haben. Früher lebte sie als Hirten und später als einfache Tagelöhner bei den burischen Farmern, verloren aber im Laufe der zunehmenden Kommerzialisierung der Viehwirtschaft ihre Anstellung. Ihr ohnehin dürftiger Lohn entfiel, und sie gerieten immer mehr in Armut, Verzweiflung und Heimatlosigkeit. Das wiederum führte dazu, dass sie zum Erhalt ihres Lebens illegal jagten, plünderten
oder Land illegal in Besitz nahmen. Noch heute sind die Buschmänner ungelitten und werden häufig von öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen. Die anhaltende Respektlosigleit zeigt auch der Name des ghanzischen Gefängnisses, das unter dem zynischen Namen ‚Buschmann-Hotel’ bekannt ist. Das rege Leben täuscht darüber hinweg, dass fast 23% der Bevölkerung Botsuanas mit dem HIV-Virus infiziert ist, verschiedene Kampagnen versuchen, staatlicherseits dagegen zu wirken, so durch Aufklärung, freie Medikamente und Kondome sowie durch kostenlose medizinische Behandlung. Wir verkrümeln uns auf ein Camp, das wir ab der Straße über eine 3 km lange felsig-sandige Piste erreichen. Wenn wir MinusSterne vergeben könnten, das wäre es der Spitzenreiter. Heiß, staubig, teuer und Trilliarden Fliegen. Zum Glück hab ich vorher gekocht und wir maufeln unser Abendessen. Später genehmigen wir uns ein Glas Tonic, Hitten ist allerdings skeptisch, ob wir danach schlafen können. Erfreulicherweise gibt’s ja noch Gin, der die Wirkung von schlafhemmenden Chinin neutralisiert. Also doch Medizin, liebe Zweifler!
Um kurz nach 6 Uhr stehen wir auf und sind froh, diesen Ort verlassen zu dürfen. Ab auf den Trans Kalahari Highway, die nächste Übernachtungsmöglichkeit ist ca. 500 km entfernt. Vor uns fährt ein Abschlepper, der auf seiner Ladefläche eins der vielen kaputten Autos transportiert. Witzig dabei, im nicht gesicherten und festgeschnallten Auto sitzen noch Fahrer und 3 Mitfahrer…! Auch diese diese Strecke ist wieder eine sehr unfallträchtige. Gestern sind wir an einer verendenden Kuh vorbeigekommen, ein Stück entfernt stand das vorn völlig demolierte Auto, im weiteren Verlauf sehen noch zwei weitere gerade passierte Unfälle dieser Art und viele tote Tiere. Tatsächlich springen die am Straßenrand grasenden Kühe, Pferde oder Esel unvermittelt auf den Weg, gerade liegen sogar 2 Kühe auf der Straße. Das Umfeld ist zwar nicht spektakulär, dennoch
verbinden wir mit dem Begriff ‚Kalahari‘ Sand oder staubige Steppe, aber hier blüht’s gelb entlang des Weges, im Hinterland begeistert mich erstmal der Himmel! Nach
längerem Suchen und über 500 km Fahrt finden wir zufällig in Kanye das kleine ‚Cultural Village Motse, in dem wir einen ziemlich ursprünglichen Sandplatz zum
ruhigen Übernachten finden. Ach ja, MalariaGürtel ist hier nicht mehr, trotzdem stechen die DrecksBiester, die KühlKarre bleibt übrigens ohne Mucken. Läuft für heute.
Liebe Cornelia, lieber Gerhard. Gestern habe ich mir Euren neuen Blog angeschaut, der ja wieder sehr interessant war.Die Luftreise mit der Cessna habt Ihr ja schadlos überstanden. Das weckt schöne Erinnerungen.Danach ging die Autoreise w eiter und auf einmal Kamen Filmaufnahmen aus Schweden (?) und der norddeutschen Küstenregio und schließlich ein Ortsschild mit dem Aufdruck Grevenbroich. Da habe ich gedacht Ihr seid schon zu Hause angekommen. Heute wollte ich mir das nocmal anschauen, und siehe da, die Bilder aus der norddeutschen Rregion waren nicht mehr reproduzierbar. Ich muß da wohl Opfer einer Fehlschaltung oder Ähnlichem geworden sein. Ich nehme nun an, daß Ihr noch nicht zu Hause, sondern noch unterwegs seidWir wünschen Euch für den Rest der reise noch schönes Wetter,gute Straßen und interessante Erlebnisse . Und verfahrt euch nicht ! Mit besten Grüßen Euer
Heinz und Claudia. Gilching 24.2.19
LikeLike