das gilt es in dieser Woche herauszufinden, ein durchaus schwieriges Unterfangen.
Wir verbringen so also einen mehr als entspannten Tag, Wäsche waschen, Hütte aufräumen und übers Dinner nachdenken. Der Camp bietet so nette Möglichkeiten, sich im Schatten wohlzufühlen, eine echte kleine StadtOase. Mit Oryxschnitzel beenden wir’s für heute.
Montag morgens fahren wir zum Flughafen, da sitzt eine Niederlassung von Britz, unserem Autovermieter. Die Reifen hat Hitten schon in Cape Town bemängelt, sie haben nicht das Profil für noch 10000 km. Besser, wir fragen nach – und werden mit unglaublicher Freundlichkeit und Hilfe versorgt. Kaffee und Wasser sowieso, ein Schrauber kümmert sich um alle kleinen Mängelchen, am Ende werden die beiden Hinterreifen ausgetauscht, der Wassertank gefüllt, mein Außenkocher
von Flugsand befreit (naja, Wums hat die Koche immer noch nicht), und es gibt 4×4 Trail Karten obendrein. Mehr als zufrieden zotteln wir zurück, einkaufen und das anstrengende Nixtun schließt sich an. Später treffen wir Christoph und Silvia, mit denen wir ins benachbarte ‚Joe’s Beerhouse‘ gehen. Nicht nur das Essen ist sensationell, die gesamte Umgebung ist wild und gemütlich. Ich gönne mir Steak von Orxy, Kudu,
Hühnchen und Zebra – ein zartes, geschmackvolles und grad köstliches Mahl, Hitten wählt das Bushman Fire, was mindestens genauso reizvoll ist. Die beiden Bayern sind viel durch Afrika gereist, wir bekommen gute Tipps für Botswana und Zimbabwe. Den kurzen Fußweg zurück zum Camp legen wir in strammem Schritt zurück, zu Hause noch schnell StaubAbduschen und ab innet Bett.
Den letzten Kaffee vorm Auto vermiest uns die saure Milch, ich könnte – tu‘ ich aber nicht. Eine Dame weiß schließlich, was sich geziemt. Manchmal. Wir sortieren Karten, Silvia’s Informationen und uns und machen uns auf den Weg in den Norden Namibias. Vorbei an Dörfern wie Karibib mit Marktgetümmel und aufgeräumten Schülern hoppeln
wir auf den Trans-Kalahari Highway. Wieder geht’s von Teer
auf Piste, Reifendruck ablassen und in grober Richtung zur Spitzkoppe, einem von vielen immer wieder aus der Ebene aufragenden und schon von Weitem zu sehenden roten Granitfelsen mit immerhin über 1700 m Höhe. Vorbei an all
den Hüttchen – was als Bezeichnung für die Unterkünfte vieler Menschen da draußen deutlich übertrieben ist – und KunstgewerbeLäden (!) mit einem reichhaltigen Angebot an „Edel“steinen und selbstgebasteltem Schmuck nähern wir uns diesen eindrucksvollen
runden Inselbergen aus Granit. Wir melden uns im Park an, besorgen Feuerholz für
abends und suchen ein Plätzchen mit Ausblick auf den zu erwartenden Sonnenuntergang. Keine Menschenseele weit und breit, ein wuseliges Erdhörnchen zeigt sich an uns auch nicht sonderlich interessiert. Das Abendessen, das ich gestern eingefroren hab’, taut in kürzester Zeit auf, und warm ist es auch schon fast. Was soll man zu einem Sonnenuntergang noch sagen, es ist wunderbar. Das Feuer knistert, keine doofen
Mücken, nix zu meckern.
Das Brot ist schimmelig, 2 Kaffee im Schatten beruhigen die knirschenden Zähne. Auf geht’s, die Hüttenbewohner sind auch schon unterwegs. Wir nehmen uns vor, uns in die Nähe des Brandbergs zu wagen, um unser Trauma von vor 8 Jahren zu verarbeiten …!
Das kleine Kaff Uis scheint uns der richtige Ausgangsort zu sein. Nach ein paar Kilometern müssen wir an einem Tor mit einem interessanten Schild stoppen, allgemeine Kontrolle, woher? wohin? An der folgenden Piste liegt eine Ansammlung von Hüttchen, in denen eine Gruppe von San (=Buschmann), die seit ca. 20000 Jahren ihre Lebensweise vermutlich nicht verändert haben. Sie sind ein sparsames und an die Bedingungen der kargen Umwelt angepasstes Volk,
das nun unter schwierigen Bedingungen lebt. Ihre Sprache ist geprägt von KlickLauten, die es uns kaum möglich machen, etwas nachzusprechen – sehr zu ihrer Belustigung. Ein junger Mann zeigt uns, woraus die Rasseln am Fußgelenk gemacht sind, damit sie
während des Tanzes so toll wie typisch klingen. Die kleinen Bengel bewegen sich genau wie die Alten und sind stolz, uns zu zeigen, was sie können. Der Tanz, den nur die Männer tanzen, wird vom Klatschen und Gesang der Frauen und Mädchen begleitet. Ich hab’ schon ein bisschen Gänsepickel auf den Armen …! Uns wird es langsam deutlich zu
warm, und wir ziehen weiter. Es ist wirklich einsam, und doch tauchen immer mal Menschen aus dem Nichts auf, die ins Nichts wandern und alle winken freundlich, bitten
bestenfalls manchmal um Wasser. In Uis, dem staubigen, unattraktiven und knüsseligen Bergbauörtchen wollen wir trotz allem bleiben. Ausgesprochen nervig sind die „Edelstein“Verkäufer, die uns wie ein Fliegenschwarm überfallen und ihre Steine
aufdrängen. Jeder braucht ‚support’, also sitzen sie an der Straße und warten auf Leute wie uns. Hauptsache, das Internet haut hin! Glücklicherweise liegt eine Lodge mit Camp etwas außerhalb der fordernden Anbieter, mit Schatten und Dusche.
Traumaverarbeitung – Erinnerungen kommen wieder. Vor 8 Jahren fuhren wir wohlgemut zum Brandberg ohne zu ahnen, wie problematisch es würde. Mit unserem AllradDachzeltKarren gerieten wir immer tiefer in diesen Berg, Felsen waren zu überqueren, Flussbetten zu durchfahren, in denen wir steckenblieben, keine Spuren mehr von Reifen oder Menschen, nur noch von Elefanten und ähnlich gefährlichen PfotenTieren, keine Orientierung mehr, am Ende sind wir irgendwie da rausgekommen. Über 5 Stunden für 25 km, 4 zerfledderte Reifen, 2 entnervte Greenhorns. Keine Fotos. So, das war damals, heute ist heute. Mit dem festen Vorhaben, am Brandberg vorbei, dem feigen Blödmann, zur südlichen Skeleton Küste zu gelangen, begeben wir uns auf den Weg. Siegessicher und mit höhnischem Blick biegen wir am Abzweig auf die besonders grobschotterige und felsige Piste ein – um nach 20 km wieder umzudrehen.
Die Strecke führt immer noch für mindestens 100 km über diesen Untergrund, es scheppert und wellblecht, dass es grad nicht schön ist. Wir wissen schließlich, wie’s geht, wir müssen’s ja nicht und drehen um, siegessicher und höhnisch blickend. Die C35 bis Henties Bay ist auch geschottert, aber wesentlich besser und materialschonender zu befahren. Im Ort erkundigen wir uns nach der Piste weiter nördlich, tanken voll und ab gehta. Nix ist los, aber es ist schon wieder
eine außergewöhnliche Landschaft. Links von uns der Atlantik mit seinem kalten BenguelaStrom, rechts und vor uns Wüste. Die Küste ist gesäumt mit gestrandeten Schiffen, das letzte hat’s 2008 zerlegt. Nach Meinung von Experten befindet sich hier der größte Schiffsfriedhof der Welt. Grausam erscheint uns das Drama derer, die sich an
Land retten konnten und dort feststellen mussten, dass hier die endlose Namib vor ihnen liegt und damit kein Überleben möglich ist. Die Schiffswracks sind kaum noch zu
entdecken, neben ein paar Resten aber ist ein riesiger Wal gestrandet. Ein Doppeltor lässt uns stoppen, ab hier benötigt man ein Permit, um in den Skeleton National Parkfahren zu können. Ob der gruselige Name der Küste von den Schiffswracks, den Skeletten der Gestrandeten oder vom Aussehen der Dünen stammt, kann man leider nicht mehr nachvollziehen. Erstaunlicherweise müssen wir nur unsere Personalien hinterlassen und können durch ohne Eintritt zu zahlen. Dankeschön. Mile 108 bietet einen Camp, den wir dann doch nicht aussuchen. Öde! Der lange Tag endet in Springbokwasser, dem nordöstlichen Ausgang des NP, ebenfalls auf einem ‚Camp’, eher eine Platte mit Staub und Steinen, umgeben von einem Zaun, wo wir wohlbegründet und kurzentschlossen unser eigenes! Bad nutzen werden! Der TorWart (!) kommt sich sein erbetenes kaltes Bier abholen, wir wechseln uns im RabenVerjagen ab, und fertig ist der Tag.
Unsere Reise bisher war hauptsächlich bestimmt durch urtümliche Landschaften, was toll war, jetzt ist es allerdings Zeit für Neues, jetzt wollen wir die unterschiedlichen Menschen sehen. Im nördlichen Verwaltungsort Opuwo leben Himba, Herero und
Damara mit ihrem jeweils besonderen Phänotypus, (wer hat das jetzt in wohlfeilen Worten erläutert?) der unbestreitbar auffäligen Bekleidung und den sehr unterschiedlichen Lebensformen friedlich miteinander. Kennzeichnend für die Damara
ist ihre wirklich pechschwarze Hautfarbe, ansonsten sind sie schmal, drahtig, schön. Die Himba bestreichen sich ihren Körper mit Butter, gemischt mit einem rotem, aus
eisenhaltigem Gestein zerriebenen Pulver und aromatischen Kräutern, um sich gegen den Feuchtigkeitsverlust und die UV-Strahlung zu schützen, zumal sie weitest gehend unbekleidet den Tag verbringen. Ebenfalls spezifisch sind die speziellen ZopfFrisuren der Frauen. Die Herero-Frauen fallen durch ihre wilhelminische Tracht auf, sie sind in etwa 12 m Stoff gewickelt und tragen eine Art 2-Horn-Turban. Was uns besonders gefällt ist, dass Opuwo ein gewachsener Ort ist, in dem alle 3 Stämme ganz normal auf der Straße zu sehen sind. In Palmwag wollen wir tanken, sehen aber schnell davon ab, und holpern nach Sesfontein. Am nächsten Tor tragen wir wiedermal unsere Personalien ein und werden darüber belehrt, kein Fleisch in dieses Gebiet ein- und auszuführen, heute also keine Nashornjagd. Unentwegt halten wir Ausschau nach irgendwelchen Tieren, bis
uns eine Horde Affen übern Weg läuft. Leider/zum Glück sind sie so scheu, dass wir sie nur aus der Ferne beobachten können, über ihre Gebärden können wir uns auch so amüsieren. Ganz der Papa, obwohl der Bart …! Am nächsten Hügel stehen mindestens 20 Giraffen und fressen die Bäume kahl. Auch sie beäugen uns skeptisch und ziehen weich trabend und schwankend dahin. Springböcke gesellen sich dazu, und es ist nicht im Zoo!! Die Tatsache, dass wir plötzlich an 2 Zeltbuden vorbei kommen, lässt uns zum x-ten Mal darüber nachdenken, ob sich die Menschen hier die ‚Sinnfrage’ stellen. Hier im Nichts, ist das arrogant? Zwei Zelte, von denen ich zunächst ausging, sie seien unbewohnt, ein kaputter Truck daneben – und sonst nichts! Kein Vieh, keine Wasserstelle, kein Dorf in erreichbarer Nähe. Es ist uns unerklärlich, wie die 3-5 Menschen hier sein können, wovon sie leben, was sie den ganzen Tag, den Monat und das Jahr, während brüllender Hitze und in der Regenzeit machen?! Das hat auch nichts
mit Reichtum oder Armut zu tun, es scheint einfach so unwirklich. Wir brauchen zwar
auch nicht jeden Tag Pizza – obwohl 😉 -. In Sesfontein ist genauso wie vor 8 Jahren nix los, aber es gibt einen Supermarkt mit Säcken voll Zucker, Maismehl und Reis. Gut zu wissen, blöd, dass wir genau das geladen haben. Und, weil’s noch früh und gleichzeitig sehr heiß ist, wollen wir nochmal 130 km weiter nach Opuwo. Das Achtung!Elefanten!Schild lässt uns hoffen, alle vorherigen Warnhinweise bestätigten das Vorkommen des entsprechenden Tiers. Aber außer den frischen und seeehr dicken ElefantenPoos (müssen wir das genauer beschreiben??) ist kein Rüssel in Sicht, dafür aber eine echte AchterbahnPiste nach Opuwo, steil runter, steil rauf, ungefähr hundert oder tausend Mal oder noch öfter. Als wir dann endlich ankommen ist auch hier Samstagabend, alle haben sich fein aufgebretzelt, die Bierkästen werden auf dem Kopf transportiert (Hitten ist dabei nicht erfolgreich) und Musik können sie auch. Sogar laute. Wir finden einen günstigen Camp auf dem Berg in der Opuwo Country Lodge mit außergewöhnlich luxuriösem Ambiente.
Was für ein wunderbarer Gegensatz zu gestern, der Unterschied beträgt gerade mal 15€! Pool, Sonnenuntergang und lecker Essen ist die Belohnung für ähm, was genau?
Es gibt gutes Internet, zack, Laptop raus und schreiben. Ich sitze ganz allein om Stuhl am Pool, keine Sau um mich herum, so kann ich in Ruhe versuchen, die Woche zu beschreiben. Hitten repariert zwischenzeitlich ein Formteil an unserem Auto, das sich
locker- bis losgerappelt hat und hat Frieden. Wir wollen ja unbedingt die Menschen hier sehen, also klappen wir das Dach ein und fahren runter ins Dorf. Ja, da laufen all diese tollen Leute rum, bunte Kleidung, alle Gruppierungen sind zu sehen, aber wir wollen sie nicht so offensichtlich fotografieren, wir kommen uns richtig mies dabei vor. Die vorherigen Fotos hab’ ich alle versteckt aus dem Fenster gemacht, anders geht es eben nicht, wir wollen es auch nicht. Es ist ja auch nicht so, als würden wir nicht auffallen: der Bärtige und die Rote im seltsamen Auto, ne, hier ist nicht der Zoo! Es ist trotzdem ein Erlebnis, inmitten dieser völlig anders aussehenden und lebenden Menschen zu sein! Wir fahren zurück, hocken im KaumSchatten, es ist 38°, Fliegen umschwirren uns und wir erkennen, dass wir hierher nicht auswandern wollten. Und der Bart steht …!
Gilching 4.02.19
Liebe Cornelia, lieber Gerhard. Respekt,Respekt ! Wenn ich Euren Bericht so lese, dann frage ich mich schon ob einen in dieser völlig fremden und total andersartigen Umgebung nicht manchmal doch ein gewisses Gefühl von Unsicherheit überkommt. Gibt es da überhaupt keine europäisch anmutenden Gestalten oder Ordnungskräfte die für ein weniig Eindruck von Sicherheit sorgen? Wie klappt es denn mit der Verständigung? Sprecht ihr schon Kisuaheli ? Gibt es auch ausreichend technische Hilfsmöglichkeit für das Expeditionsfahrzeug zu angemessenen Preisen? Man macht sich halt so seine Gedanken. AberIhr macht das ja nicht zum ersten mal. Bitte um Entschuldigung. Jedenfalls vielen Dank für den spannenden Bericht. Wir drücken weiter sämtliche Daumen. Bis zum nächsten mal mit herzlichen Grüßen
Eure
Heinz und Claudia.
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