haben wir, dass Ramadan besonders ist! Unser sonst so zuverlässiger Taxifahrer verspätet sich um eine Stunde, sehr ungewöhnlich! Als wir aussteigen, verspricht er aber, uns pünktlich um 22 Uhr wieder abzuholen, na gut. So machen wir uns wirklich gespannt auf den Weg in die Stadt. Der große, sonst mit Menschen und Ständen fast überfüllte Platz ist praktisch leer, ein paar vereinzelte Taschentuchverkäufer haben sich offensichtlich dorthin verirrt. Die Soukgassen sind vereinsamt! Ich diskutiere mit einem Händler über den Preis von Schuhen, und er erzählt stolz, dass er und alle anderen Budenbetreiber um 19 Uhr schließen. Es sei ja Ramadan, die Frauen haben gekocht, um 19.40 Uhr steht das Essen, auf das sie den ganzen Tag gewartet haben, auf dem Tisch. Da deucht es uns! Auch in der Großstadt Marrakech ändert sich das Leben! Wir kreisen trotzdem kreuz und quer, können aber tatsächlich nur zuschauen, wie die ausgestellten Waren eingeräumt und die Lädchen abgeschlossen werden. Viele größere Firmen schließen übrigens den Betrieb für 3 Wochen und schicken ihre Mitarbeiter zwangsweise in ‚Urlaub’, einige wären ohnehin gar nicht erst erschienen.
Tapfer gewöhnen wir uns an die besonderen Umstände und setzen uns gepflegt zu einer Cola auf eine der Dachterrassen.
Auch von oben betrachtet ist es ein anderes, ruhigeres Treiben. Wenigstens erkennen wir den Aufbau der Grillstände, das Werben der 100 (tatsächlich!) verschiedener Standbetreiber geht unvermindert engagiert weiter. Wir entscheiden uns auch heute gegen Schafshirn und Kuhmagen, aber für Spieße, Spinat, Garnelen und Pommesse für Hitten. Doppelt! Anschließend laufen wir nochmals die Gassen auf und ab, dürfen bei ein paar Jungs das Fußballspiel England – Russland auf einem Handy zu Ende sehen, worüber sie sich am meisten freuen! Plötzlich ertönt der Ruf des Muezzin, und die Szenerie auf der Straße ändert sich erneut. Schnellen Schrittes machen sich Männer und Jungen, Frauen und Mädchen, alle gut gekleidet und wohl riechend, auf den Weg zur Moschee. Wir stehen gerade neben einer, können beobachten, wie die Gebetsteppiche ausgerollt, die Schuhe ausgezogen und davor abgestellt werden. Das Ganze gilt nur für die männlichen Gläubigen, sie knien nieder und beten. Wir fragen uns, wohin all die weiblichen Gläubigen gehen und machen uns auf den Weg zur Kounoubia-Moschee. Über Lautsprecher werden Suren (zumindest vermuten wir das) gelesen und gesungen, und der ganze riesige Platz vor der Moschee ist voller betender Männer. Irgendwann entdecken wir weit hinten, entfernt von den Männern, kniende und betende Frauen. Die mehrspurige Straße, auf der ansonsten reger Betrieb herrscht, ist weiträumig gesperrt, die Polizei bewacht die Situation, bittet darum, nicht zu fotografieren. Es ist eine sehr mystische und fast andächtige Atmosphäre. Die vorherige leise Enttäuschung ist damit komplett verflogen. Mit einem tollen Gefühl gehen wir zum Taxitreffpunkt – und warten gern eine Viertelstunde länger…!
Der frühe Vogel hat uns geweckt, über Casablanca mit seiner riesigen und in Marokko einzigen für Ungläubige zu betretenden Moschee, Rabat und Tanger landen wir unerwartet doch schon in Martil. Ursprünglich wollten wir vorher irgendwo bleiben, aber es ist heiß und wenig reizvoll, vielleicht sind wir jetzt auch auf Abreise aus Marokko eingestellt. Wir sind wieder fast die Einzigen, was uns nicht abhält, Spaghetti mit Pesto zu kochen ;-)).
Da wir wissen, dass es in Spanien durch die Zeitverschiebung 2 Stunden später ist, stehen wir zeitig auf und zotteln Richtung Ceuta. Spielt da doch eine bisschen Wehmut mit? Wir fahren langsam über
breite, fein hergerichtete Alleen am Meer entlang,
freuen uns über die vielen Störche auf den Dächern,
winkende Kinder und einmal mehr die wunderbare Bergkulisse. Die Grenzüberquerung verläuft ruckzuck und völlig unaufgeregt. Zack auf die Fähre, ob das Auto auch richtig festgemacht ist,
wird kritisch beäugt.
Vorbei am Felsen von Gibraltar sind wir eine Stunde später in Algeciras, machen einen Großeinkauf im wohl sortierten Mercadona und beschließen, in die Berge zu fahren. Vor 3 Jahren waren wir in dem kleinen Örtchen Grazalema, und da wollen wir wieder hin.
Wunderbares Schattenplätzchen unter Kiefern und Oliven, grandiose Sicht auf die Berge, Kühle und blauer Himmel, da muss der Außenkocher wieder ran! Wir pulen ein Kilo Garnelen,
legen sie ein, bisschen später schon brutzeln sie in der Pfanne.
Satte Müdigkeit führt zu baldigem Bettgang.
Putz- und Flicktag. Kühlschrank abtauen, Sand aus den Fensterritzen, Wäsche waschen, fertig. Mehr passiert heute nicht, und das ist gut so. Selbst das Vorhaben, runter ins Dorf zu gehen, um ein paar Tapas zu essen, wird verworfen, es gibt Rührei mit Speck. Wir überschlagen die Zeit, die noch verbleibt und können uns gar nicht entscheiden, wohin wir als nächstes fahren wollen. Schaumama.
Spontan beschließen wir morgens, weil es draußen grau ist, nach Córdoba zu wechseln. Nach dem Frühstück aber schlendern wir noch durch Grazalema,
das einfach klein und nett ist! In Córdoba, nach der Fahrt durch eine reizende Hügellandschaft, finden wir einen doofen und teuren, aber günstig gelegenen Campingplatz, wo wir das Auto abstellen und mit dem Bus 15 Minuten später in die Innenstadt gelangen. Natürlich machen alle Siesta, alle Geschäfte sind geschlossen, kein Mensch unterwegs! Darauf gönnen wir uns erst mal ein Eis.
Und ein Bocadillo mit Lachs und Tomate. Und ein Bier.
Gestärkt stromern wir durch die Sträßchen, irgendwie landen wir vor der Mezquita-Kathedrale, einem gewaltigen maurisch-christlichen Bauwerk. Wie vielfach in Córdoba zu finden, gibt es gut erhaltene arabische Baukunst, aber diese Anlage ist einfach imposant!
sie erinnert im Außenbereich ein bisschen an die Paläste in Marrakech und Fes, aber dies ist eben eine Moschee und Kathedrale!
Das Innere ist geprägt durch einen riesigen, kaum überschaubaren Saal mit schier unendlich vielen Säulen und Bögen und diente in der Epoche des maurischen Spaniens als Hauptmoschee. Nach der Reconquista der Stadt haben die Christen die Moschee in einem Bereich zu einer ungewöhnlich Licht durchfluteten Kathedrale umgebaut. Grandios in jeder Beziehung! Wir unterhalten uns darüber, dass wir sicher schon einige solcher Bauwerke gesehen haben, aber noch sehr selten so begeistert, fast ergriffen waren/sind. Die Bilder spiegeln vielleicht ein wenig von dem Eindruck wider.
Wir sind der Meinung, dass die Bilder so groß eingefügt werden müssen, damit das Besondere der arabischen Architektur zur Geltung kommen kann. Anschließend lassen wir uns treiben, über die romanische Brücke, die den Fluss Guadalquivir überspannt, zurück in die erwachende Stadt.
Zufällig finden wir ein kleines Restaurant mit einem wirklich reizenden Innenhof, ganz nach arabischer Art mit Wasserstelle in der Mitte und den üblichen Arkaden um den Innenhof herum. Unsere Vorstellung, Tapas essen zu wollen, wird hervorragend erfüllt.
Leider ist das Angebot so gigantisch, dass wir auch gigantisch bestellen müssen, ich nenne die Zahl 7…! Köstlich! Der Bus bringt uns bequem nach Hause, wo wir das starke WLAN nutzen und schon einmal Bilder übertragen, Wetterkarten anschauen und Fußballergebnisse lesen können. Sehr praktisch und komfortabel!
Vom Kaffeeduft geweckt, wie fast täglich, darf ich mich an den gedeckten Tisch setzen. Hab’ ich schon Geburtstag?? Ne, Hitten hat Hunger! Nach Wägen verschiedener Argumente und Befragen von Herrn Google wird Toledo das nächste Ziel sein. Richtung Madrid, kein Geklapper oder über Bubbels holpern, einfach Autofahren, so soll’s sein, der Fahrer ist entspannt.
Da kann ich auch getrost und schüttelfrei Büro spielen! Und
abends gibt es dann auch so etwas, das aussieht, als sei es die Vorvorstufe von Tapas…!
Um 21 Uhr spielen ‚WIR‘ Fußball und die spanische Übertragung können wir, dem Christkind (und Ralf und Corinna) sei Dank, in unserem Wohnzimmer sehen! Hitten bastelt gekonnt die Antenne am Dachfenster fest, zum Glück hat der Regen aufgehört, die Sitze sind umgedreht, Füße aufs Sofa und ab gehta! Spannendes Spiel? Hitten nennt mir abschließend das Ergebnis, das ich wegen sich ständig und dann dauerhaft schließender Augen nicht mitbekommen habe…, bei 0:0 kein Wunder. Finde ich.
Liebe Cornelia, lieber Gerhard,
soeben haben wir Euren ausführlichen Reisebericht über den Auszug aus Afrika erhalten und sofort gelesen. Sicher könnt Ihr jetzt fließend arabisch sprechen, nur mit der Schrift wird es wohl noch ein wenig hapern? Auf alle Fälle Welcome home in Europe. Jedenfalls ist alles gut gegangen. Bei allem was man so über die fanatisierten Djihadisten hört und liest hatte ich doch schon ein wenig Befürchtungen, zum Glück unbegründet. Schöne Erlebnisse habt Ihr sicher jede Menge gehabt. Fahrt Ihr nun direkt nach Hause oder macht ihr noch einen Schlenker über Amerika und England? Solltet Ihr zufällig einmal in unsere Gegend kommen,so wird es sicher eine Menge zu erzählen geben Im Übrigen muß ich staunen, wie gut unsere Verbindung mit dem Internet fungschoniert, über tausende von Kilometern! LLaßt bald wieder etwas von Euch hören. Bis dahin viele Grüße und Alles Gute
Eure
Heinz und Claudia.
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