haben wir die Bande, schlendern durch die schmalen Gassen und können uns immer noch kaum vorstellen, dass die Menschen da wirklich wohnen – tun sie aber.
Danach weiter Richtung Dadès- und Todraschlucht. Wir freuen uns darüber, dass die Straße, im Gegensatz zu den vorherigen, nagelneu und glatt ist und streng geradeaus führt. Eine Kasbah am Straßenrand, die Kasbah Amerhidil aus dem 17. Jahrhundert, interessiert uns ganz besonders,
und wir entscheiden uns sogar, sie uns von einem jungen Studenten zeigen zu lassen. Eine Kasbah ist übrigens eine Art Burg oder Festung, in der vorzugsweise Stammesfürsten mit ihrer Sippe wohnten.
4 Türme an den Ecken bieten einen guten Überblick auf die Umgebung und somit Schutz vor unerwartetem und unliebsamem Besuch, diente aber auch als Kornkammern. Das Baumaterial ist gestampfter, vor Ort zu findender Lehm, der mit Kieselsteinen aus dem Fluss und Stroh gemischt und in Formen gestampft wurde, bis ein – je nach Verwendung – mehr oder weniger großer „Stein“ entstand. Die dicken wurden in der unteren Etage verwendet und boten den Tieren eine angenehme Kühle, nach oben werden die „Steine“ schmaler. Mittig zwischen den 4 Türmen erkennt man im Boden zur zweiten und dritten Etage eine große Öffnung, die als Kamin und Lüftung dient, und für die kühleren Jahreszeiten bietet die Dachterrasse beste Bedingungen. Ganz besonders an dieser Kasbah ist der fünfte Turm,
der ausschließlich als BioRecyclingToilette (auf den Dung kommt Asche, Sammlung, zur rechten Zeit auf die Felder) dient. Wieder einmal sind wir schwer beeindruckt davon, welche genialen Ideen die Berber bereits hatten und umsetzten. Der Rundgang endet dann mit einem kleinen Video über eine plötzlich entstandene Flutwelle, die ganz knapp an der Kasbah vorbeistürzte. Es sei so, dass durch einen völlig unerwarteten Regen die ausgetrockneten Flussbetten das viele Wasser nicht aufnehmen können und weitläufig über die Ufer treten. Vollgestopft mit tollen Informationen und einem richtig netten Gespräch rollen wir die perfekte Straße entlang – bis sie nicht mehr weitergeht!
Der vorher nicht vorhandene Fluss ist jetzt vorhanden, hat die Straße überschwemmt und ist so reißend, dass es unmöglich ist, sie zu durchfahren.
Zeit zu beten gibt es also! Irgendwann starten die ersten Mutigen mit der Durchquerung, so machen wir’s eine Zeit später auch. Eine wabbelige Angelegenheit!
Unser Ziel ist Tineghir an der Todraschlucht, von wo wir zum kleinen Atlas-Camping gelangen und uns 2 Tajines mit Hühnchen gönnen.
Am nächsten Tag durchfahren wir nun endlich die Schlucht. Sie ist sehr schmal, es gibt Streckenabschnitte, die uns wie eine Melange aus Gran Canyon und Tibet erscheinen, einfach verrückt. Noch verrückter allerdings sind schon wieder die Menschen, die aus ihren Hütten gelaufen kommen, um uns zu begrüßen. Wagemutige versuchen sogar, meine Hand zu berühren! Sicherlich gibt es auch die, die sich eher ein Bonbon wünschen, größtenteils sind es aber die anderen, die sich richtig freuen, ein paar „Andersartige“ wie uns zu treffen. Sind wir das denn? Schließlich sind wir in Marokko und nicht in Papua-Neuguinea.
Wir sind berührt von dieser Offenheit, mit der sie uns begegnen. Das veranlasst mich, sie durch Fotografieren nicht zu verschrecken, und sie machen auch klar, dass sie es nicht wollen. Die Straße’ wird immer rubbeliger und schmaler,
die Felsen hängen bedrohlich dicht über dem Dach, es wird Zeit zu drehen. Es ist mindestens genau so großartig zurückzufahren, das Licht hat sich geändert, einfach schön!
Wir kehren zum Camp zurück, der Blog wird aktualisiert…
Heute ist Dadès-Schluchttag. Wir sind schon gleich zu Beginn ein bisschen ernüchtert, denn sie ist wesentlich breiter und für unser Empfinden relativ touristisch. Auch das Verhalten der Kinder ist nun fordernd, sie springen auf die Straße, wollen Bonbons, Geld oder Kulis, schlagen mit der Hand gegen die Autotür – stellt euch Hittens Blicke vor. Ein Jugendlicher ‚schießt’ mit einer angedeuteten Handpistole, seltsam, wie sich Dinge innerhalb weniger Kilometer Entfernung ändern.
Ungeachtet dessen ist es im weiteren Verlauf der Schlucht schon interessant, die unterschiedlichen Schichten der Felsen zu verfolgen.
Auch da wird die Straße irgendwann zur Piste, wir drehen, nachdem ich einen Blick in eine Wohnstätte von Straßenarbeitern gemacht habe und fahren wieder zurück nach Ouarzazate in die schattige Palmeraie.
Viel Fahren, viel Schauen, viel Schwitzen – all das verlangt nach einem Tag der Ruhe. Gesagt, getan.
Wir bleiben unter Palmen, kaufen ein, pflegen Wäsche und uns. Tut gut!
Ausgeschlafen und geduscht geht es zunächst Richtung Marrakech (ch!!), dann über Holperpiste zur Ksar Ait Ben Haddou, einer Dorfanlage mit mehreren darin enthaltenen Kasbahs. Diese Ksar war im 11. Jahrhundert ein strategisch wichtiger Ort, der den Handel der Karawanen zwischen Timbuktou und Marrakech kontrollierte.
Wir schauen uns die zum Teil noch bewohnte Anlage an, verwinkelt und verschachtelt, schattig,
auf den Berg gebaut – toller Rundblick!
Zurück auf die Hauptstraße nach Marrakech biegen wir etwa auf der Tizi-n-Tichka-Passhöhe nach Telouet in östliche Richtung ab, Pistenerfahrung!! Vorbei an Schaf- und Ziegenherden, durch ausgetrocknete Flusstäler, winzige Dörfer am Wegesrand, immer weiter. Es gibt ein kühles, schattiges Plätzchen am Fluss, da wollen wir hin. Nur, dass es wirklich 4×4 erfordert, erkennen wir so richtig auf den letzten paar hundert Metern! Steil, Geröll, Schräglage – geht doch…! Und landen unter Walnuss-, Oliven- und Obstbäumen auf einer echten Wiese mit Klee und Löwenzahn!
Wir glauben’s nicht und bleiben, weil’s grad so schön ist! Auf meiner kleinen Runde treffe ich eine Frau, die dabei ist, ihren Esel mit gewaschenen Teppichen zu beladen. In der Hoffnung, ein Foto machen zu dürfen, belade ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Esel!
Ganz allein! Mit verzurren und allem, was dazu gehört! Ok, ich darf dann auch ein Foto machen! Aber nur vom Esel!! Abends gibt’s Essen …
Am nächsten Morgen haben wir schon Herzklopfen vor der Rück- bzw. Rauffahrt!
Steil isses und eng und ziemlich schräg! Aber es klappt! Wir machen uns auf den Weg nach Marrakech, wo es buckelig warm ist mit 42 Grad! Zum Glück finden wir wenigstens ein Plätzchen mit ein bisschen Schatten. Wollen wir mal sehen, was der nächste Tag bringt…
Bei wieder hohen Temperaturen bleiben wir zuhause, morgen sollen es nur noch 35 Grad werden, wir lesen Reiseführer, Hitten cremt sich brav ein, die Creme läuft wie meistens ins Auge, und er ist der Meinung, wenn er Indianer wäre, hieße er ‚Tränendes Auge‘ – er korrigiert: Häuptling ‚Tränendes Auge‘ … Was soll ich dazu sagen?! Ich schäle einfach die Orangen weiter.
Ein klein wenig Dekadenz sei doch mal gestattet, oder ist es Luxus? Oder marokkanischer Standard? Oder europäischer?!
Schließlich hat man ja alles bezahlt – auch das Essen!
Liebe Cornelia, lieber Häuptling Tränendes Auge, wir haben soeben wieder Euren spannenden Reisebericht gelesen und staunen über Euer schriftstellerisches Vermögen, Respekt! Das ist ja wirklich eine abenteuerliche Unternehmung und anscheinend auch nicht ganz ungefährlich. Seid ja vorsichtig und riskiert nicht zuviel, Leider kann ich Eure Reiseroute nicht verfolgen, da ich über keine ausreichend detaillierte Karte verfüge, aber das können wir sicherlich später, nach Eurer Heimkehr in die bayerische Oase nachholen. Im Vergleich zu Eurem wohlgefüllten Tagesablauf ist der unsere direkt eintönig. Das Wetter ist bei uns zur Zeit sehr wechselhaft, von 30 Grad im Schatten bis zu wenigen Graden über dem Gefrierpunkt. Deswegen essen wir jetzt eine heiße Bouillon mit Pfannkucheneinlage, danach griechischen Salat mit Baguette. Dann also Guten Appetit und herzliche Grüße und vor allem alle guten Wünsche
Euer Heinz und Claudia.
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