Och, die Grenzstadt in Kirgistan, schnell verlassen, werden aber doch dazu überredet, eine kurzen StadtAnschaue zu unternehmen, also gut, Schuhwerk an und los.
Wir steigen auf die höchste Erhebung der Stadt und bekommen einen dunstigen Überblick über das kasachische Wohngebiet mit einer Moschee, die nur den Männern
vorbehalten bleibt, die Frauen sorgen fürs reichhaltige Abendessen. Der angeblich größte Basar Zentralasiens schlummert noch, zudem ist Montag nicht der typische Markttag. Dennoch duftet und riecht und qualmt und dröhnt es aus allen Ecken.
GeruchsBlog, meine nächste Aufgabe, ich sag’s doch! Aus der MetzgereiAbteilung sind wir relativ schnell wieder raus, bedingt durch 23115 Trilliarden Fliegen und heftig strenge Gerüche. Wie soll’s auch anders sein, wenn die Hammel- und Rinderfüße zur Enthaarung erst im stillen Eck am Marktausgang ohne offensichtlichen Zugang leise
abgeflämmt werden… Beim Datteln- und Nussverkäufer ist es deutlich angenehmer!
Wie durch ein Wunder gelingt es uns, unbeschadet aus der wuseligen Stadt zu entkommen. Ok, es gibt Ampeln, Verkehrsschilder und Polizisten, allerdings interessiert es genau niemanden. Eine einspurige Straße wird im Bedarfsfall zu einer vierspurigen, und dieser Fall tritt häufig ein. Das erste, was der Autofahrer in der Fahrschule lernt, ist viel laut hupen. Hitten ist absolut anpassungsfähig, ich allerdings dem Nervenzusammenbruch nahe. Sobald wir durch die kleinen Dörfer cruisen, wird es wieder interessant und ruhig. Die Männer tragen ihre hohen Filzhüte, die einfach lustig aussehen. Selbst Schulbuben zeigen sich vereinzelt damit und sind ziemlich stolz darauf. An ihren Autos oder Schubkarren bieten die Menschen eigenes Obst und Gemüse an, sie hocken daneben und warten auf Käufer, schwierig, denn es gibt auch Lädchen mit ähnlicher, oft sogar mehr Auswahl.
Vorbei an Jalal-Abad geht’s schlaglochreich nördlich und immer einsamer durch abwechslungsreiche Bergformationen Richtung Toktogut See, unsrem heutigen Ziel.
Die Felder sind fruchtbar, Ziegen-, Schaf- und Viehherden werden von richtigen Cowboys bewacht und von Weide zu Weide getrieben. Oft bespaßen sie uns mit einer kleinen Showeinlage, pfeifen und schnalzen und trällern gutgelaunt den Tieren und uns zu.
Je mehr wir uns dem See nähern, desto deutlicher können wir die Ursache der sehr
grünen Hügel und Felder deuten. Der Himmel wird trüber, bei immer noch 30° und hoher Luftfeuchtigkeit. Die Bewölkung wird noch dichter, die Farben verändern sich.
Egal, wir setzen uns zum Abendessen draußen hin und beobachten die drastischen Veränderungen. Nach so langer Hitze ist das eine willkommene Abwechslung. Dann
wird’s nass, stürmisch, dunkel und manchmal etwas heller. Mittlerweile sind fast alle da, Kostya fehlt. Nach über 7 Stunden HolperLochPiste sind wir müde und gehen schlafen.
Morgens erfahren wir, dass Kostya auf der Straße übernachten musste, es gab eine mächtige Schlammlawine, die die Straße unpassierbar für viele Stunden machte. Davon haben wir nichts mitbekommen, auch der Regen bei uns war nicht so stark wie bei den Anderen. Nach ein paar organisatorischen Abänderungen schlängeln wir uns wieder in die Berge, erstmalig werden wir einen Pass von 3200 m überqueren. Die kirgisischen Autofahrer, die üblicherweise wie die Henker ihre Kisten prügeln, schleichen geradezu die Berge rauf, qualmend, stinkend und gern auch mal am Rand stehend. Irgendwann sind wir oben, im Schnee und umgeben von noch
höheren Gipfeln. Nach all den kulturellen Besichtigungen und Erlebnissen fühlen wir uns in dieser puren Natur sauwohl. Weiche, grün überzogene Hügel, Seen und sonst
nix. Fast nix. Hinter einer Bergkuppe erkennen wir Jurten, auf die wir schon lange gewartet haben. Sie sind bewohnt von Oma und Opa (so vermuten wir) mit ihren süßen
Enkeln, die uns geradezu einladen, sie zu fotografieren. Das Angebot von spezieller Milch
lehne ich dann doch freundlich ab. Neben diesen Jurten finden sich weitere eigenwillige
Wohngelegenheiten. Aus Bauwagen werden Wohnwagen! Überall stehen sie am Fluss oder in den Bergen und wie die Jurten auch, haben ihr eigenes Toilettenhäuschen!
Die Straße windet sich an den Bergen entlang, der Schnee wird mehr und höher. Aus dem Nichts tauchen Siedlungen rechts und links der Straße auf, und es werden die uns bereits bekannten undefinierbaren Käsekugeln angeboten, die außerordentlich fremd
riechen und schmecken und -noch – nicht in unser Geschmacksmuster passen. Man muss sie ja nicht zwingend kaufen, entscheiden wir, die Hübsche kann’s kaum glauben!
Auf der Strecke nach Bishkek, der Hauptstadt Kirgistans, führen mehrere Tunnel durch die Berge, der Gegenverkehr wird mit Ampeln geregelt. Bei Grün fährt normalerweise erst die eine Seite, dann wechselt es auf die andere. Glaubst du! Der Kirgise an sich fährt gern mehrspurig auf einspurigen LochPisten, das sollten wir mittlerweile wissen! Und Licht wird auch überbewertet. Auch hier verhilft uns irgendeine fremde Macht zur unfallfreien Durchfahrt, danke Macht! Bishkek empfinden wir als ein VerkehrsMoloch, und es ist hässlich obendrein. In einem etwas größeren Einkaufsladen füllen wir unsere Vorräte erstmal auf, wir bekommen sogar frische Milch. Nach einer sehr speziellen Ankunft hocken wir mit lecker Essen und Trinken noch ein Weilchen zusammen und planen das Kommende.
Putz- und Flicktage können auch etwas Gemütliches haben, so reinigen wir das Auto von Innen. Eines der mitfahrenden Gefährte hatte ungeplanten Kontakt mit einem Bagger, ein Seitenfenster wird geopfert, beim Nächsten ist die Wasserpumpe fratze, einer muss sich um den ausgestiegenen Anlasser kümmern. Alles lässt sich mithilfe des zum Team gehörenden jungen mogolischen OstRussen Tsyren mit guten Deutschkenntnissen reparieren, der kann einfach alles, auch Uuuunmengen essen!!! Abends lädt uns Kostya in ein nettes Restaurant ein, eine kirgisische Musiktruppe kommt dazu und spielt
wunderschöne landestypischen Hirtenlieder auf Querflöte, gitarrenähnlichen DreiSaitern und Maultrommeln. Dabei lassen sich die Einsamkeit der Hirten und die Weite des Landes fast körperlich spüren, es geht uns ziemlich nahe.
Über von Chinesen gut ausgebaute Straßen, die sich deutlich von den üblichen noch aus sowjetischer Zeit unterscheiden, spült es uns an der, mit Stacheldraht und mit mehrfach
hintereinander stehenden Zäunen geschützten kasachischen Grenze entlang zum Yssyk-Köl See. Uns ist die Bedeutung dieser derart gesicherten Abschirmung nicht klar.
Die Bebauung nimmt ab, vereinzelt stehen Häuschen in der Nähe des großen Sees.
Auch hier ist die Landschaft nicht zu vergleichen mit der, die wir bisher durchfahren haben. Riesige Friedhofsanlagen mit monumentalen Grabstätten reihen sich aneinander,
auf der Suche nach Gemüse hoppeln wir in ein Dorf, das von einem heftigen Sandsturm
heimgesucht wird – Gemüse können wir nicht finden. In der Ferne stehen die 4000 m
hohen Berge, schiefe Strommasten halten, was sie nicht versprechen, dann taucht der
See auf, die Brandung tost, wie der Atlantik in Frankreich. An einigen, aus der Sowjetzeit gebauten, vielfach unfertigen und unschönen Gebäuden vorbei, biegen wir auf ein
Traumplätzchen am See ab, mit Blick auf den ungestümen See und die angrenzenden, schneebedeckten Berge. Der Sturm rüttelt am Auto, Regen prasselt drauf, der Himmel wird tiefschwarz, in der Pfanne brutzelt das Abendessen, grad schön isses!
Gilching den 19.5.17 Bong Schuur meine Lieben! Ganz herzlichen Dank für den wieder sehr reich bebilderten und beeindruckend kommentierten Reisebericht aus Kirgisistan. Ihr lebt dort anscheinend in einer ganz anderen Welt. Wie kommt ihr denn zurecht? Hat da jedes Land seine eigene Sprache oder Dialekt, oder sprechen alle Russisch oder Chinesisch? Wie kommt ihr mit der kyrillische Schrift zurecht? Ich stelle mir den Gebrauch eines Wörterbuchs auch nicht einfach vor. Meine Hochachtung! Richtig kompliziert dürfte es wohl erst in China werden? Ihr werdet eine Unmenge zu erzählen haben wenn ihr euch eines fernen Tages nach Bavaria verirren solltet und der deutschen Sprache noch mächtig sein solltet. Wenn ich zwischen den Zeilen richtig lese, meistert ihr alle Probleme und das bei optimaler Stimmung. Das beruhigt. Weiter so!.Weiterhin alle guten Wünsche. Mit herzlichen Grüßen
Eure
Heinz und Claudia.
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Hallo ihr 2!
Dieser Blick auf die 4000er Berge gefällt mir außerordentlich gut. Interessant sind die Behausungen und die Kasebällchen wären bestimmt lecker gewesen 😄.
Ich habe nun auch mal angefangen eure Fahrt auf der Karte zu verfolgen und stelle fest: ihr habt ja bestimmt schon die Hälfte eures Hinweges geschafft.
Nun denn, gutes und sicheres Weitergehoppel, äh Weiterfahrt 😉
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