ist bedeutend einfacher als Elche zu zählen!
Die gibt’s hier einfach nicht, obwohl immer wieder davor gewarnt wird! Mit diesen Zeichen, alle 15 Kilometer. Viele Schilder! Kein Elch. Und alle LKW haben riesige Kuhfänger vor ihrem Motor, zusätzlich geschützt mit Maschendrahtzäunen, und angeblich passieren jährlich hunderte schwerer Unfälle, verursacht von Rentieren und Elchen! Wir sehen Renviecher, nur keinen einzigen Elch! Keinen! Aber andere große Tiere… – dazu später!
Den stürmischen Tag beenden wir im schaukelnden Auto am Hafen. Ich frage den Käptn vorsichtig nach dem Wetter morgen und der Chance, mit dem Walbeobachtungsboot rausfahren zu können. Sehr zögerlich antwortet er, kann sein, muss aber nicht, sei vielleicht eventuell möglich. Klarheit gibt es erst morgen Mittag. So freuen wir uns über den Sonnenuntergang mit unseren beiden Beschützer: Momos Kamel und den IrenEngel und hoffen, dass das dicke Auto nicht umkippt.
Ohne auf die Information des Whalewatching Centers zu warten ist uns klar, heute kann wer mag aufs Schiff gehen, wir sicher nicht! Der Sturm ist unwesentlich weniger geworden und dicke Wolken verhängen den Himmel. Ich storniere die Vorbuchung, und wir können für Samstag reservieren. Da es unverbindlich ist, sagen wir erst einmal zu. Das Halbinselchen Andøya ist ziemlich klein,
und wir pillern von Bucht zu Bucht, Blick aufs weite Meer in der Hoffnung, einen Wal zu entdecken. Zwar sehen wir keinen – und auch keinen Elch – , aber einen riesigen Seeadler! Es gefällt uns richtig gut, an weißen Sandstränden und Dünen entlang, durch Sumpflandschaft und an hohen Felsen vorbei, uns nach Süden treiben zu lassen. Allerdings müssen wir uns jetzt entscheiden, ob wir die Insel verlassen, oder ob wir uns die Zeit einräumen, noch einen weiteren Tag auf die Walbeobachtung zu warten. Wir haben die Zeit! So geht’s zurück auf unseren wunderbaren Parkplatz, und da der Wind sich beruhigt hat und die Sonne scheint, können wir eine weitere Runde durchs Dorf drehen und zum alten und neuen Leuchtturm dackeln.
In hoffnungsvoller Erwartung legen wir für morgen schon einmal Zeux zusammen, das wir längere Zeit nicht mehr benutzt haben: Sonnenbrille! Kappen 😦 ! 50er Sonnencreme! Und natürlich Sturmhaube und Mütze und Schal! Wir sind seehehr zuversichtlich!
Ich entgehe der GeschirrAbtrocknung und schau‘ mir stattdessen lieber den Sonnenuntergang an, der übrigens immer noch bis Mitternacht dauert und ab 3 Uhr wieder vom Sonnenaufgang abgelöst wird! Während ich noch rumkrame, wird Hitten ganz unruhig, er sieht ein paar Mädels mehrmals „Oh my God“ rufen und verzückt in den Himmel schauen. Stiefel an, in die Jäck geschlüpft und raus.
Grüne, blaue und orange Lichtschwaden ziehen über den Himmel, lösen sich auf, an anderer Stelle gibt es neue. Es gibt leider ein wenig Streulicht vom Leuchtturm und dem benachbarten Haus, trotzdem ist es ein faszinierendes Schauspiel! Halb erfroren und völlig begeistert zittern wir ins Auto und ins Bett. Ein letzter Blick vor dem Einschlafen durch unser DachSterneBeobachtungsFenster und dann: wird’s wieder grün! Also, oben genanntes Fenster zur Seite geschoben, Kamera her, der Rest ist bekannt! Manches Licht erinnert an einen Petticoat, der sich in verschiedenen Farben aufbläht (wie damals bei Maryln Monroe), einfach großartig. Manchmal kann man Eindrücke nicht in Worte fassen und nicht als Foto festhalten. Unsere Finger können nichts mehr festhalten, so beenden wir endgültig den Abend.
Noch früher als sonst stehen wir auf – also erst Hitten wegen Kaffee… -, das Wasser ist spiegelglatt, Sonne statt Sturm, es könnte also sein! Hitten erkundigt sich und erfährt, yeah, we are going out today! Jawoll! Rucksack packen, ein GeburtstagsTelefonat mit Lasse, und dann beginnt ein ganz besonderer Ausflug. Ca. 50 Leute treffen sich im Whalewatching Museum, die deutschen Besucher werden von Stefan, dem Meeresbiologen aus Tölz, über das Kommende informiert. Er zeigt uns das Jagdgebiet der Wale in der Gegend und erkärt, dass nordwestlich des Ortes Anderes (N 69°19’27“ E 16°07’05“), in dem wir uns befinden, eine steil abfallende Kontinentalschräge mit bis zu 3000 Metern Tiefe nah ans Land heranreicht und den Pottwalen Jagdraum gibt. Hier findet man fast ausschließlich männliche Tiere, wohingegen die Weibchen mit ihren Jungen sich eher im südlichen Amerika aufhalten.
Vor einigen Jahren ist in Andenes ein toter Pottwal gestrandet, den Tiermediziner in mühevollster Kleinarbeit präpariert haben. Besonders schwierig ins der Erhalt der Knochen, da sie (immerhin mit 30-60%) vollgesogen sind mit schützendem Öl. Mithilfe von Waschmittelspenden der Bewohner der gesamten Insel wurden die Knochen stunden- und tagelang ausgekocht. Bis auf den Kopf des Wales hat es funktioniert, der allerdings passte in kein Auskochgefäß und das Öl tropft und tropft und tropft seit dieser Zeit in den Hof des Museums. Nach der Empfehlung, doch ein SeeUntüchtigkeitsPillchen zu nehmen, geht es endlich aufs Schiff! Während der Stunde bis an den Rand des Tiefseegrabens ist das Schiff ziemlich mit Stampfen und Krängen beschäftigt!
Was nicht jedem trotz der Pille gefällt…! rechts, Blicke links. Nix in Sicht. Ein bewegtes Meer, wolkenlos, Sonne. Und auf einmal dieser Regenbogen, so etwas haben wir noch nicht gesehen! Kreisrund (ja, ich weiß!) um die Sonne.
Später erzählt Stefan, dass die Schiffe mittlerweile mit seitlich ab Bootskörper befestigten Mikrophonen ausgestattet sind, mit denen der Kapitän über Kopfhörer erkennen kann, ob Wale in der Nähe sind. Diese stoßen nämlich zur Ortung der Beute KlickLaute aus, die ihnen Aufschluss über Entfernung und Richtung dorthin geben. Und die werden wiederum aufgefangen und für unsere Zwecke genutzt. Ich stehe neben dem Kapitän und beobachte seine Blickrichtung. Plötzlich benutzt er das WalkyTalky, konferiert mit der Crew, schaut nach rechts und endlich! Endlich ruft er, whale on the right side! Wir nähern uns langsam, der Motor stoppt, den Rest kannst du dir anschauen, mir fehlen die Worte. So verbringen wir fast 4 Stunden mit Warten, Sehen, Schweigen, Glücksgefühl, Sehen, Fotografieren. Von den ca. 100 Bildern, die ich gemacht habe, sind ganz wenig etwas geworden. Ich hab’ einfach nur abgedrückt, ohne durch den Sucher zu schauen und hab’s mir in Natur angesehen. Es mag theatralisch klingen, aber es war ergreifend!
Auf der Rückfahrt schützt uns eine heiße Suppe und
sind wir mit unseren Erlebnissen zurück und wollen nicht mehr viel erzählen.
Noch immer erfüllt vom gestrigen Tag schieben wir langsam südlich Richtung Lofoten. Die anfänglich aufflackernde Sonne ist weg, der uns bekannte Regen setzt ein – und Hitten zu! Zugegeben, seit fast 2 Wochen begleitet uns das schlechte Wetter, es hat uns lange nichts ausgemacht. Wenn man aber nur mit Gummistiefeln, Regenjacke und Schirm raus kann, wird’s doof. So erreichen wir die Lofoten, gerühmt wegen einer traumschönen Landschaft
(ob’s stimmt, können wir aus Sichtproblemen derzeit nicht immer beurteilen), und finden in Svolvær (N 68°13’46“ E 14°33’58“) einen versöhnlich stimmenden Platz mit Blick in und aus dem Hafen. Die Koordinaten geben wir übrigens ganz besonders gern für einen eifrigen Leser und interessierten Bayern an!
Da die Wetteraussichten nichts Gutes versprechen, nehmen wir’s zum Anlass, heute einfach hier zu bleiben. Durchs Dorf laufen, einkaufen, rumwurschteln. Jeder muss machen, was er will! Läuft!
Gilching,6.09.16
Liebe Nordlandforscher
Soeben haben wir wieder euren neuesten Bericht genossen. Jetzt wissen wir auch genau wo ihr euch gerade herumtreibt, kollossal! Wegen außergewöhnlicher Verdienste um die Ortsbestimmung werdet ihr beide mit sofortiger Wirkung zu Navigatoren h.c. befördert. Man müßte nochmal 50 sein. Wir nehmen mit innerer Anteilnahme an eurer mit Humor gewüzten Reiseschilderung teil. Übrigens, wenn Seekrankheit zu erwarten ist wäre es empfehlenswert, das Medikament schon vor dem Auftreten der Symptome einzunehmen (z.Bsp. Peremesin, Paspertin etc.). Im übrigen, auch schlechtes Wetter kann zu bleibenden Erinnerungen führen, und wie!.Ich habe den Eindruck, daß eure Reise mit jeder Menge an Erlebnissen gespickt ist, und so sollte es ja auch sein. Das gibt schöne Einnerungen. Wie ihr das macht, großes Kompliment. Gute Reise weiterhin und vor allem bleibt gesund. Mit herzlichen Grüßen eure Gilchinger
Heinz und Claudia.
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